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Denkmal der lokalen Eisenbahngeschichte geschaffen
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Alles begann damit, dass mir beim Spazierengehen der ungepflegte Zustand der ehemaligen Haltestelle Wiesloch-Ost der ehemaligen Nebenbahn Wiesloch-Walldorf - Meckesheim auffiel. Meine Bitte an den städtischen Bauhof, bei Gelegenheit den Bahnsteig des ehemaligen Haltepunkts Wiesloch Ost (Merianstraße/Radweg Dielheim) soweit freizuschneiden, dass mindestens die Bahnsteigkante als historisches Zeugnis wieder zu erkennen ist, wurde schnell erfüllt
Angeregt durch dieses Bild kam mir die Idee, das Haltestellenschild wieder herzustellen und dort aufzustellen.
Dafür gab es Unterstützung von Kollegen „aus der Szene". Nun stellte sich die Frage, woher bekommen wir die Orginalmaße und den Schrifttyp. Auch hier half „die Szene", es stellte ich heraus, dass das Orginalschild die letzten fast fünfzig Jahre in einem Keller verbracht hatte und der Besitzer bereit war, das Schild wieder aufstellen zu lassen.
Erneut half der städtische Bauhof bei den Maler- und Restaurierungsarbeiten und bei der Aufstellung des historischen Haltestellenschilds. Da am ursprünglichen Standort inzwischen ein Trafohäuschen steht und die noch anzubringende Informationstafel von den Benutzern des Rad- und Fußwegs bequem zu lesen sein sollte, entschieden wir uns für einen Standort direkt an der Bahnsteigkante. So wurde mit vereinten Kräften ein kleines Denkmal der lokalen Eisenbahngeschichte geschaffen. Ein Schild mit ausführlichen historischen Informationen wird die Anlage ergänzen.
Im Hintergrund der jüdische Friedhof
Die wechselvolle Geschichte der Haltestelle am ehemaligen jüdischen Friedhof
Nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen konnte Mitte des Jahres 1900 mit dem Bau der Nebenbahn Wiesloch-Walldorf - Wiesloch - Meckesheim mit Abzweig in Wiesloch nach Waldangelloch begonnen werden und schon ein Jahr später, am 14. Mai 1901 wurde die Strecke nach Meckesheim feierlich eröffnet. In einer Vereinbarung von 1897 hatte sich die Firma Lenz & Cie. verpflichtet,
in der Nähe des israel. Friedhofes eine Haltestation für die Oberstadt zu errichten. Der elektrische Betrieb Wiesloch Staatsbahnhof - Wiesloch-Stadt - Oberstadt wurde erst am 8.7.1901 eröffnet, bis zum 4.7.1901 fuhr deshalb noch die Pferdebahn. Diese wurde eingestellt und «der bezügliche Verkehr von der neuen Bahn mittelst einer Trambahn=Maschine bedient». Es war die erste mit Gleichstrom elektrifizierte Vollbahn in Baden für den öffentlichen Verkehr. Da seit dem 7. Oktober 1899 das Electrizitätswerk Wiesloch bei der Staatsbahnstation seinen Betrieb aufgenommen hatte, bot es sich an, den Strom für die „Trambahn-Maschine" von dort zu beziehen und über eine Oberleitung der Bahn zuzuführen. Der elektrische Betrieb mit 550 Volt Gleichstrom endete an der Station Wiesloch-Oberstadt bei Bahn-km 3,79. Der nächste Haltepunkt befand sich in der damals noch selbständigen Gemeinde Altwiesloch bei Bahn km 4,61. Dazwischen liegt die heute noch im Zuge des Radwegs nach Dielheim erhaltene einzige Brücke der Bahn über den Leimbach.
Im Zusammenhang mit der Eröffnung der Heil- und Pflegeanstalt „bei" Wiesloch am 20.10.1905 wurde die Haltestelle Wiesloch Oberstadt 200 m nach Osten verlegt und erhielt die Bezeichnung „Wiesloch Heilanstalt". Die elektrische Fahrleitung wurde zur verlegten Haltestelle verlängert. Die dortigen Gleisanlagen dienten auch dem umfangreichen Güterverkehr - u.a. Kohle und Baustoffe - der Heil- und Pflegeanstalt
1950 war geplant, die Fahrleitung bis Altwiesloch Anschlussgleis Stolberger Zink/Hessler Kalkwerk zu verlängern um mit dem elektrischen Triebwagen diese Anschlußgleise zu bedienen. Daraus wurde allerdings nichts. Ab 20. Oktober 1955 wurde auf der Strecke Wiesloch-Stadt - Wiesloch-Walldorf der elektrische Betrieb eingestellt, der alte elektrische Triebwagen durch einen Triebwagen mit Verbrennungsmotor ersetzt. Dies habe sich als notwendig erwiesen, da der Zustand der Oberleitung nicht mehr den Erfordernissen genügte, andererseits es aber unzweckmäßig war, eine Erneuerung vorzunehmen.
Ab 01.03.1954 galt die neue Bezeichnung: „Wiesloch Landeskrankenhaus". Am 8.12.1957 wurde die Haltestelle wieder an ihren ursprünglichen Platz zurück verlegt und erhielt die Bezeichnung „Wiesloch Ost". Die bisherige Haltestelle „Wiesloch Landeskrankenhaus" wurde aufgehoben und diente nur noch dem Güterverkehr. Ein Grund der Rückverlegung war der kürzere Übergang zwischen der Nebenbahn und der Straßenbahn nach Heidelberg am Schillerpark.
Die wachsende Konkurrenz des privaten Kraftfahrzeugverkehrs führte am 28. Februar 1967 zur Stilllegung des Personenverkehrs auf dem Abschnitt Dielheim - Schatthausen, am 16.November 1968 folgte dort die Stilllegung des Güterverkehrs. Der schienengleiche Übergang der Merianstraße - damals noch „Dielema Gessl" - wurde mit einer Blinklichtanlage gesichert. Am 31.1.1975 wurde die Strecke Wiesloch-Stadt - Dielheim für den Personenverkehr stillgelegt, der Güterverkehr wurde zunächst noch bis Altwiesloch betrieben, dann nur noch bis zur Wellpappe. Dort befindet sich heute die Garagenanlage beim Palatin
Mit der Stilllegung des verbleibenden Reststücks der Nebenbahn nach Dielheim am 31.1.1975 verlor auch die Haltestelle „Wiesloch Ost" am „Dielema Gässl" ihre Funktion.
Diskussionsbeiträge in Drehscheibe-Online
© Klaus Rothenhöfer 2020